Iain Abernethy am 17.-18.10.2015 in Eibach
- Die kleine Kombination am Rande -

Mittlerweile ist er in der Region ja schon ein regelmäßig gesehener Gast, Iain Abernethy. Der sehr sympathische Engländer der von seinem Wohnzimmer aber schon nach Schottland kucken kann und dessen Akzent Leute wie mich mit Fachidiotensprachkenntnissen immer wieder zur Verzweiflung treibt. Aber, Akustik ist ja nicht alles (die in der Halle ja auch ziemlich ... hallt), die Körpersprache macht es aus. Wer Iain zusieht wenn er eine Übung demonstriert sieht sofort um was es geht und wie es zu machen ist. Auch ein Umstand der mich regelmäßig zur Verzweiflung treibt: man sieht sich einen Teilbereich einer Kata an und überlegt sich Bunkai, und überlegt, überlegt, überlegt und stellt dann fest, dafür gibt es keine Anwendung. Iain kommt dann immer daher, ihm hat keiner gesagt dass es keine Anwendung gibt, und er macht dann einfach eine. Und dummerweise funktioniert sie dann auch noch, also so richtig. Anders ausgedrückt: Leute die ihr Selbstbewußtsein darauf aufbauen sich selbst für dynamisch und einfallsreich zu halten... bitte kommt nie auf so einen Lehrgang, es wird Euch keinen Spaß machen.

Ok, genug geheult, Tränen getrocknet, Hände zittern nicht mehr, was war denn nun los im Training?

Der Samstag war voller SV, eingepackt in den Mantel eines FlowDrill. Wir flossen sozusagen durch die Kanku Sho. Iain zerlegte und analysierte die Kata soweit dass sie als komplette Anwendung mit einem Gegner trainiert werden konnte. Jede Technik astreine SV, Bunkai in reinster Form. Natürlich nicht als Vorgabe bzw. Lösung zu verstehen. Einen Gegner der einen an der Jacke gepackt hält mit gefühlten 42 Bewegungen zusammenzufalten, da muss man schon gut erklären können vor Gericht: Herr Richter, haben sie diese brutale Selbstzerstörung gesehen? Ich konnte gar nichts dagegen tun! Letztendlich beschäftigten wir uns in drei Einheiten ca. fünfeinhalb Stunden mit der Materie. Immer noch eins drauf. Wiederholen, wiederholen, wiederholen. Immer gespickt mit lustigen Anekdoten aus der Literatur oder den Erlebnissen von Iain. Die Zeit verging wie im Flug, am Ende war die komplette Kata als SV-FlowDrill im Kopf. Ok, bisschen Verzweiflung und Wehklagen war auch dabei. In den beiden Pausen konnten wir uns in der gelungenen Verpflegungsecke im Geräteraum stärken die das Team vom TV Eibach hervorrgend eingerichtet hatte. Wenn nicht immer die Schlägereien um die letzten Würstchen gewesen wären, aber auch diese waren dann immer ein Flow.

Sonntags ging es weiter. Wieder trafen wir uns um zehn Uhr, heute aber nur für drei Stunden. In der ersten Einheit ging es im Wesentlichen um Würfe und Hebel. Iain griff auch die Beispiele aus uralter Literatur um Funakoshi auf die er immer wieder gerne zitiert und analysiert. Komisch, was wir heute als coole neue Kombinationen betrachten haben die Meister damals, als die Welt noch ohne Bewegung und schwarzweiss war, genauso geübt. In der Einheit ging es sozusagen von oben nach unten, werfen und hebeln, dann wieder von unten nach oben. Motto: Mist, bin am Boden, wie komme ich wieder hoch ohne dass mir ein Stück fehlt sondern eher dem Angreifer? Sich am Boden so bewegen dass der Angreifer keinen Treffer landen kann und selber viel riskiert wenn er einem zu nahe kommt, coole Sache.

In der zweiten Einheit dann Pratzentraining. Im Wesentlichen erarbeiteten wir uns drei Abläufe an der Pratze. Schlagkombinationen mit Faust, Schwinger, offene Hände, Würfe, Nachsetzen. Wechsel von Fuß und Faust, optmierte Hüftbewegung und Dynamikweiterführung. Bei Iain wird nie einfach nur sinnlos auf die Pratze gehauen, es ist immer eine Kombination am Gegner im Fokus. Es fängt immer klein an und hört dann heftig auf. Wie war der Witz noch, was Frauen und Wirbelstürme gemeinsam haben? Es fängt mit leichtem blasen an und am Ende ist das Haus weg. Oh je, dieser Satz wird bestimmt wieder zensiert... Am Ende waren alle Pratzen definitiv tot.

Ein geniales Wochenende voller neuer Anregungen. Danke dafür. Jederzeit wieder.

Reiner